Uschi war Krankenschwester. Gewählt hat sie diesen Job, weil sie sich dazu berufen fühlte, Menschen in Not zu helfen. Aus dem gleichen Grund hat sie ihn schon einige Jahre vor Renteneintritt aufgegeben.
Auf der Station für Schlaganfall-Patienten, auf der sie gearbeitet hat, erlebte sie viele Menschen, die jünger waren als sie und pflegebedürftig im Rollstuhl saßen. „Das hat mir zum einen klar gemacht, wie extrem wichtig es mir ist, etwas zu bewegen, so lange ich körperlich dazu in der Lage bin. Und zum anderen, dass mein Beruf mir genau das schon lange nicht mehr ermöglicht.“ Die Technik rückte immer stärker in den Vordergrund, Organisatorisches verdrängte die Pflege. „Ich habe mehr Zeit damit verbracht, die Computer zu bedienen oder in irgendwelchen Meetings zu sitzen, als Zeit für meine Patienten zu haben. Das war nicht mehr meins.“
Menschen zu helfen, das ist Uschis Antrieb: Spricht Sie davon, dass sie jemandem helfen konnte, merkt man sofort, was ihr das bedeutet. Und man versteht, wie jemand wie sie unter diesen Umständen den Beruf aufgibt, den sie einmal als ihre Berufung gesehen hat. „Ich helfe gerne“, sagt sie schlicht. „Vielleicht liegt es bei uns in der Familie, für uns ist helfen keine Pflicht. Es Ist sogar ein bisschen Egoismus dabei, wenn man sich selber gut fühlt, nachdem man helfen konnte.“ Uschi fällt es leicht, Projekte zu finden, mit denen Sie Menschen helfen kann. So kam sie auch zum Mantrailing. Hier spürt sie mit extra dafür ausgebildeten Hunden vermisste Personen auf und gibt ihr Wissen heute in Kursen an Interessierte weiter.
Ob ein sozial gut eingebundener Mensch wie Uschi auch Einsamkeit kennt? „Ich kenne das Thema sehr gut. Einsam kannst du dich auch fühlen, wenn du unter Menschen bist. Ich kann nicht gut alleine sein, dafür ist der Mensch nicht gemacht. Ich würde immer etwas finden, was mich mit Menschen zusammenbringt“, erklärt sie. Auch in einer der schlimmsten Situationen ihres Lebens hat sie sich komplett einsam gefühlt: Unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ unterstützten sie und ihrer Tochter eine Schule für junge Menschen in Uganda. Sie brachten Teenagern das Häkeln bei. Für Nadeln und Wolle fanden sie Sponsoren in Deutschland. „Wir haben den Kindern gezeigt, welche Produkte sie fertigstellen können; Beanies, Täschchen, Telefontäschchen. Viele Dinge, die sie dann auf dem Markt verkaufen und so ihre Familie unterstützen konnten. Das ist sehr gut angekommen. Erstaunlicherweise waren viel mehr Jungs am Häkeln interessiert als die Mädchen“, lacht sie. Ihre erste Reise zur Schule nach Uganda trat sie 2015 alleine an:
Bei Uschi zu Hause sind Hunde omnipräsent,kein Problem für ihren Wallace.
Rückblickend muss sie eingestehen: „Das war nicht nur aufregend, das war auch ein bisschen blauäugig. Ich wurde in Uganda nicht, wie vereinbart, abgeholt. Wenn du dann nachts dort stehst und keine Menschenseele kennst und dich mit den Leuten sprachlich nicht verständigen kannst, dann hast du ein Problem. Mein Handy hatte nirgendwo Verbindung. Das war eine Katastrophe. Ich konnte nicht in das Flughafengebäude zurück, da stand bewaffnete Security, die mich nicht reingelassen hat. Draußen im Dunkeln waren nur Männer, die mich mitnehmen wollten. Die hellen Augen im Dunkeln, das werde ich nie vergessen. Mir wurde klar, dass ich völlig allein war, fernab von allem, was ich kannte. Diese Hilflosigkeit möchte ich nicht wieder empfinden, das war pure Angst. Weil es überhaupt niemanden gab, dem ich vertrauen oder der mich wenigstens verstehen konnte. Von den zahlreichen Männern in meiner Umgebung bin ich dann zum Taxifahrer gegangen, weil der mich am wenigsten bedrängt hatte. Ich habe ihm gesagt, dass ich von ihm in das nächste Hotel gebracht werden möchte. Von nun an war klar, dass ich ihm vertrauen muss. Eine Wahl hatte ich nicht. Und mir war klar, dass ich nicht in Panik geraten darf. Ein klarer Verstand war wichtig, daher musste ich meine Angst verstecken. Irgendwo in der Wildnis, wo es kein Licht und kein Strom gab, haben wir dann gehalten und eine dunkle Gestalt mit Kapuze kam uns entgegen, mit der ich mitgehen sollte. Hier wäre ein Hotel, wurde mir gesagt. Aber ich habe keines gesehen und mein Bauchgefühl sagte ganz klar: ‚Durch dieses Tor gehst du auf gar keinen Fall‘. Ich habe mich geweigert auszusteigen, der Taxifahrer sollte das nächste Hotel anfahren. Auch das war ein sehr dunkler, einsamer Ort. Das musste ich nehmen. Ein Mann tauchte halb angezogen auf und gab mir ein winziges Zimmer, das man nicht abschließen konnte. An Schlaf war nicht zu denken. Ich saß auf einer meiner Taschen und hab die Tür im Auge behalten, die ganze Nacht. Irgendwie habe ich es geschafft, pragmatisch zu denken. Als Krankenschwester musst du sehr oft Entscheidungen treffen und lernst, die Emotionen außen vor zu lassen. Das half mir, nicht in Panik zu verfallen. Keine Ahnung, wie die Sache sonst ausgegangen wäre.
Erst später, als ich mich in Sicherheit fühlte und mit meiner Tochter und Bekannten in Uganda gesprochen hatte, wurde mir richtig bewusst, in welcher gefährlichen und beängstigenden Situation ich war. Da kam die Panik durch. Ich war fix und fertig. Umso größer war die Freude, als ich am nächsten Tag abgeholt wurde. Es ist nicht so, dass ich nie in Gefahr geraten bin. Es gab noch eine ähnliche Situation, allerdings war meine Tochter dort dabei. In einer kritischen Situation macht es einen riesigen Unterschied, ob man jemand Vertrautes an der Seite hat oder sich dieser allein stellen muss.
Alleine ist Uschi nur gerne in ihrer Hängematteoder beim Musizieren, natürlich beides mit Hund.
Dieses Gefühl der Einsamkeit, das ich damals empfunden habe, möchte ich jedenfalls niemals wieder erleben. Ich kann jetzt teilweise nachempfinden, wie es den Menschen ergeht, die alleine in unser Land kommen, Probleme mit der Sprache haben und versuchen müssen, irgendwie zurecht zu kommen. Meine Erlebnisse habe ich danach sofort aufgeschrieben, all die Ängste zu Papier gebracht. Ich schaue dort heute noch rein. Das hat mir sehr geholfen, diese Ängste in dieser einsamen Nacht verarbeiten zu können.“
Uschi war Krankenschwester. Gewählt hat sie diesen Job, weil sie sich dazu berufen fühlte, Menschen in Not zu helfen. Aus dem gleichen Grund hat sie ihn schon einige Jahre vor Renteneintritt aufgegeben.
Auf der Station für Schlaganfall-Patienten, auf der sie gearbeitet hat, erlebte sie viele Menschen, die jünger waren als sie und pflegebedürftig im Rollstuhl saßen. „Das hat mir zum einen klar gemacht, wie extrem wichtig es mir ist, etwas zu bewegen, so lange ich körperlich dazu in der Lage bin. Und zum anderen, dass mein Beruf mir genau das schon lange nicht mehr ermöglicht.“ Die Technik rückte immer stärker in den Vordergrund, Organisatorisches verdrängte die Pflege. „Ich habe mehr Zeit damit verbracht, die Computer zu bedienen oder in irgendwelchen Meetings zu sitzen, als Zeit für meine Patienten zu haben. Das war nicht mehr meins.“
Menschen zu helfen, das ist Uschis Antrieb: Spricht Sie davon, dass sie jemandem helfen konnte, merkt man sofort, was ihr das bedeutet. Und man versteht, wie jemand wie sie unter diesen Umständen den Beruf aufgibt, den sie einmal als ihre Berufung gesehen hat. „Ich helfe gerne“, sagt sie schlicht. „Vielleicht liegt es bei uns in der Familie, für uns ist helfen keine Pflicht. Es Ist sogar ein bisschen Egoismus dabei, wenn man sich selber gut fühlt, nachdem man helfen konnte.“ Uschi fällt es leicht, Projekte zu finden, mit denen Sie Menschen helfen kann. So kam sie auch zum Mantrailing. Hier spürt sie mit extra dafür ausgebildeten Hunden vermisste Personen auf und gibt ihr Wissen heute in Kursen an Interessierte weiter.
Ob ein sozial gut eingebundener Mensch wie Uschi auch Einsamkeit kennt? „Ich kenne das Thema sehr gut. Einsam kannst du dich auch fühlen, wenn du unter Menschen bist. Ich kann nicht gut alleine sein, dafür ist der Mensch nicht gemacht. Ich würde immer etwas finden, was mich mit Menschen zusammenbringt“, erklärt sie. Auch in einer der schlimmsten Situationen ihres Lebens hat sie sich komplett einsam gefühlt: Unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ unterstützten sie und ihrer Tochter eine Schule für junge Menschen in Uganda. Sie brachten Teenagern das Häkeln bei. Für Nadeln und Wolle fanden sie Sponsoren in Deutschland. „Wir haben den Kindern gezeigt, welche Produkte sie fertigstellen können; Beanies, Täschchen, Telefontäschchen. Viele Dinge, die sie dann auf dem Markt verkaufen und so ihre Familie unterstützen konnten. Das ist sehr gut angekommen. Erstaunlicherweise waren viel mehr Jungs am Häkeln interessiert als die Mädchen“, lacht sie. Ihre erste Reise zur Schule nach Uganda trat sie 2015 alleine an:
Rückblickend muss sie eingestehen: „Das war nicht nur aufregend, das war auch ein bisschen blauäugig. Ich wurde in Uganda nicht, wie vereinbart, abgeholt. Wenn du dann nachts dort stehst und keine Menschenseele kennst und dich mit den Leuten sprachlich nicht verständigen kannst, dann hast du ein Problem. Mein Handy hatte nirgendwo Verbindung. Das war eine Katastrophe. Ich konnte nicht in das Flughafengebäude zurück, da stand bewaffnete Security, die mich nicht reingelassen hat. Draußen im Dunkeln waren nur Männer, die mich mitnehmen wollten. Die hellen Augen im Dunkeln, das werde ich nie vergessen. Mir wurde klar, dass ich völlig allein war, fernab von allem, was ich kannte. Diese Hilflosigkeit möchte ich nicht wieder empfinden, das war pure Angst. Weil es überhaupt niemanden gab, dem ich vertrauen oder der mich wenigstens verstehen konnte. Von den zahlreichen Männern in meiner Umgebung bin ich dann zum Taxifahrer gegangen, weil der mich am wenigsten bedrängt hatte. Ich habe ihm gesagt, dass ich von ihm in das nächste Hotel gebracht werden möchte. Von nun an war klar, dass ich ihm vertrauen muss. Eine Wahl hatte ich nicht. Und mir war klar, dass ich nicht in Panik geraten darf. Ein klarer Verstand war wichtig, daher musste ich meine Angst verstecken. Irgendwo in der Wildnis, wo es kein Licht und kein Strom gab, haben wir dann gehalten und eine dunkle Gestalt mit Kapuze kam uns entgegen, mit der ich mitgehen sollte. Hier wäre ein Hotel, wurde mir gesagt. Aber ich habe keines gesehen und mein Bauchgefühl sagte ganz klar: ‚Durch dieses Tor gehst du auf gar keinen Fall‘. Ich habe mich geweigert auszusteigen, der Taxifahrer sollte das nächste Hotel anfahren. Auch das war ein sehr dunkler, einsamer Ort. Das musste ich nehmen. Ein Mann tauchte halb angezogen auf und gab mir ein winziges Zimmer, das man nicht abschließen konnte. An Schlaf war nicht zu denken. Ich saß auf einer meiner Taschen und hab die Tür im Auge behalten, die ganze Nacht. Irgendwie habe ich es geschafft, pragmatisch zu denken. Als Krankenschwester musst du sehr oft Entscheidungen treffen und lernst, die Emotionen außen vor zu lassen. Das half mir, nicht in Panik zu verfallen. Keine Ahnung, wie die Sache sonst ausgegangen wäre.
Erst später, als ich mich in Sicherheit fühlte und mit meiner Tochter und Bekannten in Uganda gesprochen hatte, wurde mir richtig bewusst, in welcher gefährlichen und beängstigenden Situation ich war. Da kam die Panik durch. Ich war fix und fertig. Umso größer war die Freude, als ich am nächsten Tag abgeholt wurde. Es ist nicht so, dass ich nie in Gefahr geraten bin. Es gab noch eine ähnliche Situation, allerdings war meine Tochter dort dabei. In einer kritischen Situation macht es einen riesigen Unterschied, ob man jemand Vertrautes an der Seite hat oder sich dieser allein stellen muss.
Dieses Gefühl der Einsamkeit, das ich damals empfunden habe, möchte ich jedenfalls niemals wieder erleben. Ich kann jetzt teilweise nachempfinden, wie es den Menschen ergeht, die alleine in unser Land kommen, Probleme mit der Sprache haben und versuchen müssen, irgendwie zurecht zu kommen. Meine Erlebnisse habe ich danach sofort aufgeschrieben, all die Ängste zu Papier gebracht. Ich schaue dort heute noch rein. Das hat mir sehr geholfen, diese Ängste in dieser einsamen Nacht verarbeiten zu
können.“